Nachdem wir uns von unserer kleinen Reisegruppe verabschiedet hatten – Abschiede sind wohl das Unschönste am Reisen, immer wieder verlässt man Menschen, Orte und Länder, die man lieb gewonnen hat – sollte es nach Laos gehen.
15 Stunden lang saßen wir in großen Tiefkühl-Bussen, kleineren Kurz-vor-der-Mülldeponie-Bussen oder wurden in Eigentlich-mögen-wir-keine-Touristen-Restaurants abgesetzt, um darauf zu warten, in den nächsten fahrbaren Untersatz gesteckt zu werden. Die Klimaanlage des letzten Busses vor der Grenze war defekt, sodass all der Staub der löchrigen Käsestraße auf uns hinab gepustet wurde und sich in kürzester Zeit eine dicke Staubschicht auf unseren Gesichtern bildete. All das ließen wir brav über uns ergehen, nur um an der Grenze nach Laos abgewiesen zu werden. Die Regeln hätten sich vor Kurzem geändert, türkische Staatsbürger könnten nun kein Visa-on-arrival mehr bekommen und müssten sich ihr Visum vorher besorgen. Diese Änderung musste sich so kurzfristig ergeben haben, dass die armen Grenzbeamten nicht einmal dazu gekommen sind, den Aushang der Visapreise auf dem auch die Türkei gelistet ist, auszutauschen. Bestechen lassen wollten sie sich auch nicht. Für uns ging es nun also mit dem Taxi zurück in die letzte Stadt, die 80km entfernt war.
Tags darauf nahmen wir einen Minivan nach Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas. Minivans sind die gängigsten Verkehrsmittel Asiens, in etwa vergleichbar mit einem in die Jahre gekommenen VW-Kleinbus. Es sind Sitzplätze für ca. 14 Personen vorgesehen, doch Asiaten wären nicht Asiaten, wenn sie es nicht schafften viel mehr hinein zu bekommen. Auf unserer Fahrt nach Phnom Penh, fanden tatsächlich 29 Menschen Platz. Und ein Huhn. Ein armes, an den Beinen zusammengeschnürtes Huhn, dass zuerst als Spielball der Kinder dienen musste und anschließend für die Fahrt in einer Plastiktüte verwahrt wurde. Wir waren die einzigen Ausländer. Um das Szenario perfekt zu machen drehte der Fahrer die Boxen richtig laut auf und beschallte uns mit Techno-Schranz. Vorne auf dem Armaturenbrett saßen zwei Plastik Pferde und wackelten mit den Köpfen, wie der Wackeldackel im Rückfenster eines Mercedesfahrers. Unsere Sardinendose bretterte also mit Technomusik über die holprigen Wege Kambodschas, was dazu führte, dass sich ein armes kleines Mädchen, das verblüffende Ähnlichkeit mit Mogli hatte, über seinen Bruder erbrach. Der war natürlich gar nicht erfreut und ohne seine Sprache zu verstehen, wussten wir genau, was er ihr zu sagen hatte.
Dieser kleine Abstecher quer durchs Land war ziemlich anstrengend, insgesamt verbrachten wir in zwei Tagen ca. 25 Stunden sitzend in viel zu engen Bussen. Er hat uns dafür aber viel von der Landschaft des Landes – die allerdings nicht besonders berauschend ist – und dem Leben der Menschen auf den Dörfern gezeigt.
In Phnom Penh blieben wir einen Tag, um uns bei der vietnamesischen Botschaft nach Visabedingungen zu erkundigen. Die Vietnamesen sind schwierig. Zunächst wussten sie selbst nicht genau Bescheid, nach einigem Herumfragen teilten sie uns mit, wir bräuchten einen Einladungsbrief. Den könnten wir uns bei einer Internetagentur besorgen, uns wurde ein Zettel mit einer Webadresse in die Hand gedrückt. Wir sollen uns also nach Vietnam einkaufen. Wo ist dann noch der Sinn von solchen Anforderungen, die das Land ja eigentlich schützen sollen? Nun gut. Die Internetagentur antwortete uns, wir müssten entweder eine Reise bei ihnen buchen oder/und 100 Dollar zahlen, dann würden wir das Einladungsschreiben nach 10 Tagen bekommen. 10 Tage sind uns zu lang, 100 Dollar + 50 Dollar Visagebühren zu viel. Also gibt es wieder eine Planänderung: Vietnam wird ein kleines Päckchen gesteckt, zusammen mit Laos. Die müssen warten, bis wir eines Tages wiederkommen.
Zeit für ein wenig Erholung. Nach unserem Marathon durch Kambodscha mit so vielen Problemen wollten wir ans Meer und fanden pure Entspannung und – wieder einmal – ein Paradies. Wir wollen das Wort Paradies ja eigentlich nicht mehr verwenden, weil es sich hier so oft wiederholt. Es kann doch nicht so viele Paradiese geben? Eins muss doch schöner sein als das andere. Aber vielleicht muss es das gar nicht, vielleicht kann jeder Ort ein Paradies sein, es muss einem nur das geben, was man gerade braucht. Und wir brauchten Erholung. Elena suchte diese im dolce far niente – im süßen Nichtstun. Lesen, schreiben, frisches Obst essen und das Meer bewundern. Das reicht völlig. Tuncay brauchte schon etwas mehr, er machte einen dreitägigen Tauchkurs und suchte die Stille unter Wasser. Er bestand seine Prüfung mit Bravour und darf sich jetzt „Open water diver“ nennen. Die Insel Koh Rong gefiel uns sogar so gut, dass wir länger blieben als gewollt, aus geplanten vier Tagen wurden zehn. Viel Komfort gibt es nicht, die Bungalows und Hütten, die als Unterkunft dienen, sind sehr simpel. Das Dorf besteht aus einem Dutzend Restaurants und Bars. Wir hatten alles, was wir brauchten. Der Strand ist schöner als in Thailand. Gegen Bora Bora wirkt er zwar wie lausiger Tümpel in Indien, aber wir haben uns vorgenommen nichts mehr mit der Insel aller Inseln zu vergleichen 😉 Besonders spannend: nachts fluoreszierendes Plankton!
Die Kehrseite des Paradieses: Das Dorf scheint mit den Touristenmassen – es sind nicht übertrieben viele wie in Thailand, aber anscheinend doch zu viele für dieses Dorf – nicht umgehen zu können. Müll ist ein großes Problem. Es gibt zwar eine Müllabfuhr, die den Müll zum Festland bringt, das scheint aber nicht jeden hier zu interessieren. Ebenso problematisch ist die recht „ursprüngliche“ Kanalisation. Das Aroma liegt über dem ganzen Dorf. Naja, wie gesagt, der Strand entschädigt so einiges. Aber man macht sich natürlich so seine Gedanken, ob der Tourismus wirklich hilft oder nur zerstört.